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Der Herr sei zwischen dir und mir

Dialogpredigt zu 1. Sam 18-20

Brigitte Gensch

Der G"ttesdienst zum Ende der Vikariatszeit und Abschied von der Gemeinde fand am 23.09.01 in der Friedenskirche
[Duisburg-Rheinhausen] statt.

(C.): Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da war und der da ist
und der da kommt!

Liebe Gemeinde!

"Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei", sagt G"tt in der Schöpfungsgeschichte. Und die meisten von uns wissen aus eigener, schmerzlicher Erfahrung: es ist schlimm, vielleicht sogar das Schlimmste, kein Gegenüber zu haben, sondern allein zu sein.

(B.): Kein Gegenüber zu haben, sagst Du, sei besonders schmerzhaft. Und weil G"tt weiß, wie sehr wir alle auf ein Gegenüber angewiesen sind, deshalb erschuf Er dem einsamen Adam – wie es heißt – eine "Hilfe durch ein Gegenüber", eine Hilfe, Adam gegenüber.

(C.): Ja, ja, die Eva aus der Rippe des Adam (Pause). Aber: eine "Hilfe gegenüber" – das ist ein schönes Wort, das gefällt mir sehr. Als wollte die Bibel absichtlich offenhalten, ob es nun ein Gehilfe oder eine Gehilfin sei; als ob es also zu kurz geschlossen sei, immer nur auf die Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau zu sehen...

(B.): Genau, da kann ich Dir nur zustimmen. Zwar preist das Hohelied in fast rauschhaften Bildern die auch geschlechtliche Liebe zwischen Mann und Frau, aber mir fallen noch andere `hohe Lieder´ ein, solche auf die Freundschaft: Ruth und Naomi...

(C.): ...David und Jonathan. Keine andere Freundschaftgeschichte erzählt die Bibel so ausführlich; keine andere biblische Freundschaftsgeschichte ist aber auch so traurig und anrührend, erzählt sie doch von Trennung und endgültigem Abschied.

(B.): Und jetzt sollen wir zwei Frauen diese Geschichte einer Männerfreundschaft erzählen!?

Aber vielleicht ist das ja ganz heilsam, um einige Klischees zu vertreiben, die wir, wir Frauen zumal, über Männerfreundschaften hegen und pflegen. Da herrsche Sauf- und Rauflust, der laute Spaß und der grobe Witz. Während das zart-tiefe Gefühl doch eher unsere Sache, Frauensache, sei.

Wohlan, Christel, fang an!

(C.): Ich fange einmal damit an, unsere biblische Erinnerung etwas aufzufrischen. Wir alle kennen den legendären Sieg des kleinen Hirtenknaben David über den hühnenhaften Philister Goliath. Aber schon zuvor ist etwas Wichtiges, auch gerade für unsere Geschichte Wichtiges geschehen.

Zu jener Zeit herrscht Saul, Jonathans Vater, als König über Israel. Doch da Saul G"ttes Willen mißachtet hat, entzieht G"tt ihm die Gunst. Ein anderer soll schon bald König über Israel werden. Der Prophet Samuel wird von G"tt nach Bethlehem geschickt, den Erwählten zu salben: es ist David, der jüngste von acht Brüdern der Familie Ischai...

(B.): ... den der Vater Ischai fast vergessen hätte. Denn wie alle Welt kann sich auch Ischai nicht vorstellen, daß G"ttes Gunst gerade auf den jüngsten der Söhne – da draußen bei den Schafen – gefallen ist.

(C.): Aber der ist es! Und dann berichtet uns die Bibel etwas Rätselhaftes:
G"ttes Geist verläßt Saul und kommt stattdessen über David, den gerade gesalbten und zukünftigen König. Saul aber wird von Stund an von einem bösen Geist heimgesucht. Was meinst Du, welche psychische Krankheit beherrscht Saul?

(B.): Die Melancholie, die Schwermut hat nach Saul gegriffen; phasenweise ist er tief niedergeschlagen, depressiv. Und nun geschieht etwas Bitter-Ironisches: die königlichen Diener holen ausgerechnet David an den Königshof, David, der so begnadet Harfe spielen kann; er soll die Schwermut wenigstens lindern, die Saul immer häufiger anfällt.

(C.): Du meinst, immer häufiger, seit David an Sauls Königshof kam? (kl. Pause) Daß also Davids Anwesenheit die Krankheit Sauls verschlimmert und seinen Verfall beschleunigt – der Musiktherapeut und Arzt wäre zugleich der Katalysator der Krankheit?!

(B.): Ja, so meine ich es. Denn obwohl Saul und der gesamte Königshof nichts davon wissen, daß G"tt David bereits zum neuen König erwählt und gesalbt hat, so spürt der alternde Saul doch genau die Bedrohung, die von David für Sauls Königtum ausgeht.

Hör `mal, wie treffend gerade die königlichen Diener David porträtieren. So sagt einer von ihnen zu Saul:

"Ich habe da einen Sohn des Ischai aus Bethlehem gesehen; er ist mit dem Saitenspiel vertraut, ein tüchtiger Mann, ein Mann des Kampfes, verständig in der Rede und schön zum Ansehen – und der HERR ist mit ihm"
(1 Sam 16, 18).

(C.): Etwas Unwiderstehliches strahlt David aus, nicht wahr. So ein richtiger Bilderbuch-Israeli: ein tüchtiger Mann, der auch auf den Kampf sich versteht - aber kein Grobian und Schlagetod, sondern ein musischer Mann, der Harfe spielt.

(B.): Ein intelligenter Mann, dessen Verstand in Rede und Tat sich umsetzt...

(C.): Und was mir am besten gefällt: David ist schön zum Ansehen. Das klingt fast wie eine Definition der Schönheit. Schön ist ein Mensch nicht für sich, sondern schön ist jemand, weil sein Anblick andere Menschen erfreut. Schönheit ist etwas Soziales und Geselliges.

(B.): Ja, alles an diesem David ist gesellig und kommunikativ. Der Wettstreit gesellt sich zur Harmonie der Musik, der Verstand zur Rede und Tat, die Theorie verkehrt mit der Praxis,... das Schöne tut wohl!

(C.): So etwas kann man wohl nicht herstellen, dafür gibt es kein Patentrezept.

(B.): Nein, ich glaube nicht. Ich glaube, das Geheimnis liegt darin, daß – wie die Diener sagen – G"tt mit David ist. Weil G"tt mit David ist, weil G"ttes Geist sich zu David gesellt, deshalb wirken die Eigenschaften alle zusammen, und sie wirken als ein Segen unter den Menschen.

(C.): Aber mit Saul verhält es sich anders, nicht?

(B.): Lassen wir den finsteren König mit seiner schwarzen Galle beiseite, stellen wir lieber den Königssohn und Thronanwärter, stellen wir Jonathan vor.

(C.): Weißt Du, mir ist, als ich die Geschichte von David und Jonathan las, aufgefallen: die Bibel gibt uns keine einzige Beschreibung von Jonathans Äußerem. Statdessen erfahren wir ausschließlich, wie er handelt, was er tut und auch: was er empfindet. Jonathans Seele wird uns gezeigt. Hör einmal den Anfang unserer Freundschaftsgeschichte:

"Als David aufgehört hatte, mit Saul zu reden, verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids, und Jonathan gewann ihn lieb wie seine eigene Seele. Und Saul nahm David an diesem Tage zu sich und ließ ihn nicht wieder in seines Vaters Haus zurückkehren. Und Jonathan schloß einen Bund mit David, denn er hatte ihn lieb wie seine eigene Seele. Und Jonathan zog seinen Rock aus, den er anhatte, und gab ihn David, dazu seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel" (1 Sam 18, 1-4).

(B.): Ja, da wird der Eigenname zum Programm. Jo-Nathan, d.h. zu deutsch:
G"tt hat gegeben. Und so auch unser Jonathan; er ist ganz der Gebende, David ganz der Beschenkte.

(C.): Du hast vorhin Klischees angesprochen, von denen sich Männer und Frauen leiten lassen. Mir scheint, der Jonathan befreit uns zumindest von dem Klischee, daß nur Frauen der schrankenlosen Hingabe fähig wären
(Pause).
Ich kenne auch keine andere Helden- oder Sagengeschichte, in der ein Königssohn alle seine Machtinsignien, alle seine Statussymbole verschenkt, noch dazu an einen Mann aus – wie man so sagt – ganz kleinen Verhältnissen. Mantelrock, Schwert und Bogen, Rüstung und Gürtel: Standeszeichen sind es, aber auch ganz persönliche Dinge, mit denen sich Jonathans Kriegs- und Siegeserfahrungen verbinden.

(B.): ... als wollte er auf die eigene Stärke und Macht verzichten, als sollte das Eigenste auf David übergehen. Die Originalsprache unserer Geschichte, das Hebräische bringt Jonathans Liebe wunderbar ins Bild. Es heißt nämlich genau besehen:
"Da verknotete sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids." David und Jonathan – zwei miteinander verknotete Seelen.

(C.): Wirklich, das steht da im Text? "Verknotete sich"?
(Pause)
Und je mehr Saul an den Enden zieht und versucht, die beiden zu trennen, desto fester wird der Knoten. Oder er muß versuchen, den festen Knoten zu durchschlagen... Mindestens den Tod also muß Saul aufbieten, um die beiden zu trennen. Der Tod: so stark wie die Liebe?

(B.): Ja, fürs Erste gilt das. Dreimal schleudert der geisteskranke König in einem Anfall seines Jähzorns den Speer, zweimal gegen David, einmal gar gegen den eigenen Sohn.

(C.): Laß uns noch ein bißchen bei Jonathans tiefer Zuneigung verweilen. Sie erscheint mir rätselhaft. Denn einerseits erfahren wir keinen Grund, warum Jonathan sich so zu David hingezogen fühlt...

(B.): Die Liebe hört nicht auf Gründe...

(C.): Aber andererseits ist Jonathans Liebe deswegen doch nicht blind. Im Gegenteil, ganz hellsichtig ist sie. Jonathan weiß ja nicht, daß G"tt David bereits zum zukünftigen König erwählt hat, gleichwohl handelt er ganz so, ganz im Sinne G"ttes, als habe Jonathans Herz G"ttes Willen erkannt.

(B.): Das hast Du schön gesagt, und sehr biblisch. Liebe und Erkennen gehören biblisch nämlich zusammen.

(C.): Und kennen wir das nicht alle? Daß in dem Moment, in dem man einen Menschen liebgewinnt und ins Herz schließt, die Liebe blitzartig das Wesen des geliebten Anderen erhellt. Der Andere: in seinem Reichtum, in seinen Möglichkeiten, so wie G"tt ihn gewollt und gemeint hat.

(B.): Aber auch der lodernde Haß erkennt - nur will er vernichten, was er erkennt.

(C.): Wieder schiebt sich Sauls Schatten dazwischen...

(C.): Weißt Du, mir fällt, wenn ich auf die drei Männer David, Jonathan und Saul sehe, mir fällt ein Bild ein: ein strahlender, vielgeliebter Fixstern in der Mitte, der gesegnete David; und zwei von ihm faszinierte und gebannte Planeten, die ihn mit ihrer Liebe und mit ihrem Haß umkreisen: Jonathan, der Sohn, und Saul, der Vater. (Pause) Dieser Saul läßt mich nicht los. Wie kann man denn nach dem eigenen Sohn den Speer schleudern, wie kann man die eigene Zukunft töten wollen?

(B.): Ich denke, weil Saul keine Zukunft hat. Jonathan, seine Zukunft, hat er an David verloren, der König werden wird. Nur der Tod Davids könnte – vielleicht- das Ende des eigenen Königshauses aufhalten. Saul hat aber auch deshalb keine Zukunft, weil G"tt ihn verworfen hat und zu nichts mehr brauchen kann und will. Und wer so sich von G"tt verlassen weiß wie Saul, der verliert wohl auch Maß und Schranke. Den Zenit seiner Herrschaft hat er längst überschritten, doch will er festhalten, was schon verloren und unwiderbringlich vergangen ist.

(C.): Ja, Saul kann nicht loslassen, er kann nicht Abschied nehmen, und deshalb hat er keine Zukunft. Er hadert mit der Unwiderbringlichkeit seiner glorreichen Vergangenheit, die für ihn unerreichbar in David wiederersteht. Denn auch Saul wird uns zu Beginn seines Königtums als Liebling des Volkes geschildert, erfolgsverwöhnt, von schöner Gestalt – ganz wie David.

(B.): Alles, was wir jetzt zu Saul zusammengetragen haben, zeichnet ihn als einen Melancholiker, einen Menschen, auf dessen Seele die Schwermut lastet.
Saul leidet daran, daß seine Vergangenheit keine Zukunft mehr hat und seine Zukunft schon vergangen ist. Wir können das in der deutschen Sprache ausdrücken, so z.B.: "Ich werde gewesen sein" – ein abgründiger Satz, nicht wahr? Meine Zukunft: gewesen...

Und jetzt?

(C.): Jetzt müssen wir von David und Jonathan Abschied nehmen, jetzt müssen die beiden Freunde voneinander Abschied nehmen. Jetzt muß der Knoten gelöst werden, ohne daß die Seelen sterben.

(B.): Wie machen wir das?

(C.): Wir lesen die Abschiedsszene.

(B.): Aber halt, bevor wir das tun, laß mich noch rasch etwas nachtragen, damit wir die Szene besser verstehen. Saul verhehlt seinen mörderischen Haß nicht länger; der Beschluß, David zu töten, liegt offen zutage. Zwar war es Jonathan einmal gelungen, den Vater umzustimmen, jetzt aber ist der Mordentschluß endgültig. David muß fliehen und wird in den Untergrund gehen. Jonathan trifft David wie zuvor verabredet auf dem Feld, um ihm den väterlichen Mordplan zu entdecken...

Liest Du uns jetzt die Abschiedsszene vor?

(C.): "Jonathan gab sein Waffenzeug dem Knaben, der bei ihm war, und sprach zu ihm: Geh damit in die Stadt. Erst als der Knabe fortgegangen war, erhob sich David hinter dem Felsbrocken, fiel auf sein Antlitz zur Erde und beugte sich dreimal nieder. Dann küßten sie einer den anderen und weinten einer über den anderen, David aber weinte am allermeisten. Und Jonathan sprach zu David: geh hin in Frieden! Was wir beide schwuren, wir beide, bei dem Namen des HERRN: der HERR sei zwischen mir und dir, zwischen meinen Nachkommen und deinen Nachkommen in Ewigkeit" (1 Sam 20, 40-42) (Pause).

Merkwürdig, erst jetzt zum Schluß erfahren wir auch einmal etwas von Davids Gefühlen. David weint, er weint sogar "am allermeisten".

(B.): Vielleicht verhält es sich ja mit dem Abschied ähnlich wie mit der Liebe. Denn oft tritt erst dann, wenn Menschen voneinander Abschied nehmen, nehmen müssen, das Wesentliche ihrer Beziehung ins Helle. Vielleicht wird David erst im Augenblick der Trennung klar, was er von nun an entbehren wird, nun, da er ohne Jonathan und ohne Jonathans Liebe wird leben müssen. Eine Liebe, die stets nur gab, ohne etwas einzufordern.

(C.): Du sprichst das Wesentliche ihrer Beziehung an. Und jetzt im Abschied tritt deutlich zutage, wovon unsere Freundschaftsgeschichte, die Beziehung zwischen David und Jonathan, stets schon getragen war: G"tt war der Dritte im Freundschaftsbunde, und ER wird ihn auch in alle Zukunft tragen – darauf trauen beide, David wie Jonathan.

(B.): "Der HERR sei zwischen mir und dir" – gleich zweimal beschwört Jonathan so den Bund. Der ewige G"tt: nicht weit weg und oberhalb in fernen Himmeln, vielmehr: ein Zwischen. Und zumindest für dieses Mal ist G"tt nicht selbst Bündnispartner, vielmehr: einer, der Bund und Beziehung zwischen Menschen stiftet und erhält, seien die Menschen auch noch so verschieden.

(C.): Sogar über den Tod hinaus.

(B.): Wie meinst Du das?

(C.): Zwar weiß Jonathan jetzt noch nicht, daß er bald sterben wird, aber er ahnt sein Ende. Denn weil er sich entschieden hat, an der Seite seines Vaters zu bleiben, wird sein Vater ihn mit in den Untergang reißen. Beide fallen in einer Schlacht gegen die Philister.

(B.): Das ganze Königshaus, Saul mit all seinen Söhnen, wird ausgelöscht.

(C.): Bis auf Jonathans kleinen Sohn Mepiboschet, ein an den Füßen verkrüppelter Knabe, der nie wird gehen können.

(B.): Und der in der damaligen kriegerischen Männergesellschaft kaum eine Lebenschance gehabt hätte, wenn sich nicht David so fürsorglich seiner angenommen hätte. Er nimmt ihn, nun selbst König, an seinen Hof und liebt den Nachkommen Jonathans wie seine eigenen Kinder.

So ist denn Jonathans Abschiedssegen Wirklichkeit geworden. G"ttes Da-Zwischen hält den Raum der Zukunft offen. In Mepiboschet überlebt Jonathan und Jonathans Liebe.

(C.): Wie heißt es doch im Hohelied? "Die Liebe ist stark wie der Tod".

(B.): Verstehen wir es für heute und am Schluß so: Die Liebe, bei der G"tt mit im Bunde ist, ist stärker als der Tod, ja?

(C.): Ja, amen – so sei es!

Und der Friede G"ttes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Text: 1. Samuel [Schmuel] 18-20 (Übersetzung: Buber / Rosenzweig)

18 1 Es geschah aber, als er vollendete zu Schaul zu reden,
daß mit Dawids Seele sich Jonatans Seele verknotete,
Jonatan gewann ihn lieb wie seine eigne Seele.
2 Als nun Schaul ihn mitnahm an demselben Tag, und nicht zugab, daß er ins Haus seines Vaters kehre,
3 schloß Jonatan einen Bund mit Dawid, da er ihn wie seine eigne Seele liebte.
4 Jonatan streifte den Kittel, den er anhatte, sich ab, er gab ihn Dawid,
dazu sein Koller und noch sein Schwert und noch seinen Bogen und noch seinen Gurt.
5 So fuhr Dawid aus,
überall, wohin Schaul ihn sandte, ergriff ers.
Schaul setzte ihn über die Kampfmannschaften,
das dünkte den Augen alles Volkes gut, und auch den Augen der Diener Schauls.
6 Es geschah aber, als sie heimkamen, als Dawid von der Erschlagung des Philisters kehrte:
die Weiber fuhren von allen Städten Jissraels aus zum Gesang, im Reigen,
Schaul dem König entgegen, mit Pauken, mit Freudenklang und mit Triangeln,
7 die tanzenden Weiber antworteten einander, sie sprachen:
- Auf seine Tausende hat Schaul dreingeschlagen!
- Aber Dawid auf seine Myriaden!
8 Da flammte Schaul mächtig auf, übel war diese Rede in seinen Augen,
er sprach:
Sie geben Dawid Myriaden,
mir geben die Tausende sie, -
nun nur noch das Königtum ihm!
9 Scheeläugig ward Schaul zu Dawid, von jenem Tag an und weiter.
10 Es geschah am darauffolgenden:
ein böses Gottesgeisten geriet über Schaul,
mitten im Haus kündete er einher,
Dawid aber war mit seiner Hand am Saitenspielen wie Tag um Tag,
und in Schauls Hand war der Speer.
11 Schaul warf den Speer, er sprach zu sich:
Ich will Dawid an die Wand schlagen.
Aber Dawid bog zweimal vor ihm aus.
12 Schaul mußte sich fürchten vor Dawid,
denn bei ihm war ER da,
von Schaul aber war er ferngewichen.
13 So entfernte ihn Schaul von sich,
er setzte ihn zum Obern einer Tausendschaft,
daß er ausfahre, heimkomme vorm Volk.
14 Es geschah: auf all seinen Wegen ergriffs Dawid,
bei ihm war ER.
15 Als Schaul sah, wie mächtig ers ergriff, bangte er vor seinem Antlitz,
16 alles Jissrael und Jehuda aber liebte den Dawid,
denn er wars, der ausfuhr und heimkam vor ihnen.
17 Schaul sprach zu Dawid:
Wohlan, meine ältere Tochter, Merab,
die will ich dir zum Weibe geben,
sei mir nur tüchtig, kämpfe SEINE Kämpfe.
Zu sich nämlich sprach Schaul:
Nimmer soll meine Hand an ihn,
an ihn soll die Hand der Philister.
18 Dawid sprach zu Schaul:
Was bin ich und was ist mein Lebenskreis, die Sippe meines Vaters, in Jissrael,
daß ich des Königs Schwiegersohn werden sollte!
19 Als es aber an der Zeit war, Merab, Schauls Tochter, Dawid zu geben,
wurde sie Adriel, dem Mecholatiter, zum Weibe gegeben.
20 Michal aber, Schauls Tochter, hatte Dawid liebgewonnen,
man meldete es Schaul, und die Sache war in seinen Augen recht,
21 Schaul sprach zu sich:
Ich will sie ihm geben,
sie soll ihm zur Schlinge werden,
an ihn soll die Hand der Philister!
Schaul sprach zu Dawid ein zweitesmal:
Du wirst dich heut mir verschwägern.
22 Schaul hatte nämlich seinen Dienern geboten:
Redet zu Dawid im stillen, sprechend:
Wohlan,
der König hat Lust an dir,
dich lieben all seine Diener,
so verschwägre dich jetzt dem König.
23 Die Diener Schauls redeten in Dawids Ohren diese Rede.
Dawid sprach:
Ist das ein Geringes in euren Augen,
sich dem König verschwägern?!
bin ich doch ein armer und geringer Mann!
24 Die Diener Schauls meldeten ihms, sprechend:
Dieser Rede gleich hat Dawid geredet.
25 Schaul sprach:
So sprecht zu Dawid:
Der König hat keine Lust nach einem Brautpreis,
sondern nach hundert Philistervorhäuten,
sich an den Feinden des Königs zu rächen.
Scham nämlich rechnete darauf, Dawid durch die Hand der Philister zu fällen.
26 Seine Diener meldeten Dawid diese Rede.
Die Rede dünkte den Augen Dawids recht, sich dem König zu verschwägern.
27 Noch waren die Tage nicht voll, da machte sich Dawid auf,
er ging hin, er und seine Mannen,
und erschlug unter den Philistern zweihundert Mann.
Dawid brachte ihre Vorhäute, vollzählig, dem König,
sich dem König zu verschwägern.
Schaul gab ihm seine Tochter Michal zum Weib,
28 Schaul sah und erkannte nun, daß bei Dawid ER dawar.
Michal, Schauls Tochter, liebte ihn,
29 Schaul aber fürchtete sich noch mehr vor Dawid,
dem Dawid feind blieb Schaul alle Tage.
30 Die Obern der Philister fuhren aus,
sooft sie ausfuhren, geschahs, daß Dawid durchgriff vor allen Dienern Schauls,
sein Name wurde sehr wert.
Jonatan

19 1 Schaul redete zu Jonatan seinem Sohn und zu all seinen Dienern,
töten solle man den Dawid.
Jonatan, Schauls Sohn, aber hatte sehr Lust an Dawid,
2 so meldete Jonatan es Dawid, sprechend:
Schaul, mein Vater, trachtet dich zu töten,
so halte dich doch in der Frühe zurück,
sitze im Verborgnen, verstecke dich,
3 ich aber will hinaus, ich zur Seite meines Vaters auf dem Übungsfeld stehn, wo du sein müßtest,
ich will, ich selber, von dir zu meinem Vater reden,
ersehe ich etwas, werde ichs dir melden.
4 Jonatan redete von Dawid Gutes zu Schaul seinem Vater,
er sprach zu ihm:
Nimmer versündige sich der König an seinem Diener, an Dawid,
er hat ja wider dich nicht gesündigt,
und sehr gut ja für dich ist sein Tun:
5 er hat seine Seele in seine Faust gesetzt und hat die Philister geschlagen,
ER hat eine große Siegbefreiung allem Jissrael getan,
du hast es gesehn und freutest dich, -
warum willst du dich an unsträflichem Blute versündigen,
Dawid ohnnot zu töten!
6 Schaul hörte auf Jonatans Stimme,
Schaul schwur:
Sowahr ER lebt:
Wird er getötet, ...!
7 Jonatan rief Dawid,
Jonatan meldete ihm all diese Reden,
Jonatan hieß Dawid zu Schaul mitkommen,
er war nun um ihn wie vortags und ehgestern.
8 Der Kampf setzte sich fort,
Dawid fuhr aus, er kämpfte gegen die Philister,
er schlug auf sie ein, einen großen Schlag,
sie flohen vor ihm.
9 Aber ein böses Geisten von IHM her kam über Schaul:
er saß in seinem Haus, seinen Speer in seiner Hand,
Dawid war mit der Hand am Saitenspielen,
10 da trachtete Schaul mit dem Speer Dawid an die Wand zu schlagen.
Der hatte sich grad von Schaul beurlaubt,
da schlug er den Speer in die Wand,
Dawid aber floh, so entrann er in jener Nacht.
11 Schaul sandte Boten aus zu Dawids Hause,
Ihn drinnen zu halten und ihn in der Frühe zu töten.
Aber dem Dawid meldete es sein Weib Michal, sprechend:
Schaffst du deiner Seele die Nacht nicht Entrinnen,
wirst du morgen getötet.
12 Michal ließ Dawid durchs Fenster hinunter,
er ging fort, entwich, entrann.
13 Michal aber nahm die Wunschlarve und legte sie aufs Bett,
das Netz aus Ziegenhaar legte sie wie einen Kopfschutz darauf
und hüllte sie in ein Kleid.
14 Als nun Schaul Boten aussandte, Dawid festzunehmen, sprach sie:
Er ist krank.
15 Schaul sandte die Boten wieder aus, sich Dawid zu besehen, sprechend:
Bringt ihn im Bett herauf zu mir! -
nämlich um ihn zu töten.
16 Die Boten kamen hinein,
da: auf dem Bett die Larve, das Ziegenhaarnetz als Kopfschutz darauf.
17 Schaul sprach zu Michal:
Warum hast du mich so, so betrogen,
hast meinen Feind hinausgelassen, daß er entrinnen konnte!
Michal sprach zu Schaul:
Er wars, der zu mir sprach: Laß mich hinaus, warum soll ich dich töten müssen!
18 Dawid also entwich, entrann,
er kam zu Schmuel nach Rama und meldete ihm alles, was ihm Schaul getan hatte.
Dann ging er und Schmuel, und sie blieben in den Klausen.
19 Es wurde Schaul gemeldet, man sprach:
In den Klausen bei Rama ist Dawid eben.
20 Schaul sandte Boten aus, Dawid festzunehmen.
Sie sahn den Schwarm der Künder, die kündeten,
und aufrecht über ihnen stehend Schmuel,
da geschah Geistbraus Gottes über Schauls Boten,
sie kündeten einher, auch sie.
21 Man meldete es Schaul, er sandte andre Boten aus,
sie kündeten einher, auch sie.
Schaul schickte wieder Boten aus, die dritten,
sie kündeten einher, auch sie.
22 Da ging auch er nach Rama.
Er kam bis an die große Zisterne, die in Ssechu ist,
er fragte, sprach:
Wo sind hier Schmuel und Dawid?
Man sprach:
Hier in den Klausen bei Rama.
23 Er ging dorthin, nach den Klausen bei Rama,
da geschah über ihm, auch ihm, Geistbraus Gottes,
er ging, im Gehen kündete er einher,
bis er in die Klausen bei Rama kam,
24 da streifte er, auch er, seine Kleider ab,
einher kündete er, auch er, vor Schmuel,
dann lag er hingesunken, entblößt,
all jenen Tag und alle die Nacht.
Daher spricht man: Ist auch Schaul unter den Kündern?

20 1 So konnte Dawid aus den Klausen bei Rama entweichen,
er kam und sprach vor Jonatan:
Was habe ich getan,
was ist meine Verfehlung, was meine Sünde vor deinem Vater,
daß er mir nach der Seele trachtet?
2 Er aber sprach zu ihm:
Weitab das,
du sollst nicht sterben!
Nicht tut doch mein Vater eine große Sache oder eine kleine Sache, daß ers meinem Ohr nicht offenbarte,
warum sollte mein Vater vor mir diese Sache verbergen?
keinesfalls!
3 Aber Dawid schwor noch, er sprach:
Dein Vater weiß mit Gewißheit, daß ich Gunst in deinen Augen gefunden habe,
er spricht zu sich:
Nimmer darf Jonatan davon wissen,
er möchte sonst sich grämen!
Jedoch
sowahr ER lebt, sowahr deine Seele lebt:
ja,
zwischen mir und dem Tod war ein Schritt kaum.
4 Jonatan sprach zu Dawid:
Was spricht deine Seele,
daß ichs dir tue?
5 Dawid sprach zu Jonatan:
Morgen ist doch Mondneuung,
und ich, sitzen müßte ich mit dem König, beim Essen sitzen,
entlasse mich also, daß ich mich im Feld bis an den drittnächsten Abend verberge!
6 Vermißt derweil, mißt mich dein Vater,
sprich: Freigewünscht hat sich Dawid bei mir, freigewünscht, um nach seiner Stadt Betlehem zu laufen,
denn Jahrtagsschlachtmahl hat dort all die Sippe.
7 Spricht er dann so: Es ist gut,
meints Frieden für deinen Knecht;
flammts in ihm aber, flammt auf,
wisse, daß das Böse bei ihm ausgemacht ist.
8 Tu nun Huld deinem Knecht an,
denn in einem Bund vor IHM hast du deinen Knecht mit dir kommen lassen.
West aber ein Fehl in mir, töte mich du,
doch erst mich zu deinem Vater kommen lassen, warum solltest du das!
9 Jonatan sprach:
Weitab dir das!
wie, ich könnte gewiß wissen, wie das Böse bei meinem Vater ausgemacht sei, über dich zu kommen,
und dir das nicht melden!
10 Dawid sprach zu Jonatan:
Wer wird mir melden,
was etwa dein Vater dir Hartes geantwortet hat?
11 Jonatan sprach zu Dawid:
Geh, wandern wir hinaus ins Feld.
Sie wanderten beide hinaus ins Feld.
12 Jonatan sprach zu Dawid:
Bei IHM, dem Gott Jissraels!
Wenn ich meinen Vater um die Zeit morgen, auch am Drittnächsten aushole
und merke, gut stehts für Dawid oder nicht,
ich sende dann zu dir, es deinem Ohr offenbaren?!
13 So tue ER Jonatan, so füge er hinzu:
wenns meinem Vater das Böse über dich gutdünken läßt,
offenbare ichs deinem Ohr, ich sende dich fort,
daß du in Frieden gehest.
ER möge dasein bei dir, wie er dawar bei meinem Vater:
14 wirst du nicht,
lebe ich dann noch,
wirst du nicht mir zum Beistand SEINE Huld betätigen?
15 du wirst nicht,
bin ich dann gestorben,
du wirst nicht deine Huld vor meinem Haus verschließen, auf Weltzeit!
auch nicht, wann ER Dawids Feinde, jedermann, vom Antlitz des Erdbodens ausschloß!
16 So schloß es Jonatan ab mit dem Hause Dawids.
- ER fordre es ein aus der Hand der Feinde Dawids! -
17 Jonatan ließ weiter bei seiner eignen Liebe zu ihm Dawid schwören,
denn er liebte ihn mit der Liebe seiner Seele.
18 Dann sprach Jonatan zu ihm:
Morgen ist Mondneuung,
da wirst du vermißt, denn dein Dasitzen muß vermißt werden.
19 Du aber steige am Drittnächsten nieder, tief,
daß du an den Platz kommst, wo du dich am Tag jener Begebenheit verborgen hattest,
da setze dich neben den Felsbrocken dort,
20 ich aber will dann nach seiner Seite die drei Pfeile da schießen, wie um sie für mich nach einem Ziel zu senden,
21 und, merk auf, ich werde den Knaben aussenden: Geh, finde die Pfeile!
spreche ich dann zum Knaben den Spruch: Merk, herwärts von dir sind die Pfeile, hols!,
dann komm, denn Friede ist dir, keine Widerrede, sowahr ER lebt,
22 spreche ich aber zu dem Jungen so: Merk, hinwärts von dir sind die Pfeile!,
geh, denn dann sendet ER dich fort.
23 Die Rede aber, die wir geredet haben, ich und du, -
merk, ER ist zwischen mir und dir auf Weltzeit.
24 Dawid verbarg sich im Feld.
Als die Mondneuung war, saß der König an der Tafel, um zu essen.
25 Der König saß auf seinem Sitz, wie Mal um Mal, dem Sitz an der Wand,
als nun Jonatan sich erhob, saß nur noch Abner Schaul zur Seite,
Dawid wurde an seinem Platz vermißt.
26 Schaul jedoch redete gar nicht davon an jenem Tag,
denn er sprach zu sich: Ein Begegnis ists, unrein ist er, jawohl, nicht rein.
27 Am Morgenden auf die Neuung, dem Zweiten, wars, da wurde Dawid wieder an seinem Platz vermißt.
Schaul sprach zu Jonatan seinem Sohn:
Warum ist der Jischajsohn so gestern so heutigen Tags nicht zur Tafel gekommen?
28 Jonatan antwortete Schaul:
Freigewünscht hat sich Dawid bei mir, freigewünscht, nach Betlehem,
29 er sprach: Entlasse mich doch, denn Sippenschlachtmahl haben wir in der Stadt, er, mein Bruder, hat mich entboten,
und nun, habe ich Gunst in deinen Augen gefunden, möge ich doch entschlüpfen und meine Brüder wiedersehn!
deshalb ist er nicht zu des Königs Tisch gekommen.
30 Schauls Zorn flammte auf wider Jonatan,
er sprach zu ihm:
Sohn mißratner Empörung,
weiß ichs denn nicht, daß du dir den Jischajsohn ausgewählt hast
dir zur Schande, zur Schande der Blöße deiner Mutter?!
31 denn all die Tage, welche auf dem Erdboden der Jischajsohn lebt,
wirst du nicht Grund fassen, du und dein Königreich!
und jetzt sende, hol ihn mir her,
denn er ist ein Sohn des Todes.
32 Jonatan antwortete Schaul seinem Vater, er sprach zu ihm:
Weshalb soll er getötet werden,
was hat er getan?
33 Schaul aber schwang den Speer gegen ihn, ihn zu erschlagen.
Nun wußte Jonatan, daß es bei seinem Vater ausgemacht war, Dawid zu töten.
34 Jonatan erhob sich vom Tisch im Entflammen des Zorns,
er aß nicht am Zweittag der Neuung an der Tafel,
weil er sich um Dawid grämte,
weil sein Vater ihn beschimpft hatte.
35 In der Frühe geschahs, Jonatan ging hinaus aufs Feld zur Begegnung mit Dawid,
bei ihm war ein kleiner Knabe.
36 Er sprach zu seinem Knaben:
Lauf, finde mir doch die Pfeile auf, die ich schieße.
Der Knabe lief, er aber schoß jeweils den Pfeil so, daß er ihn überflöge.
37 Kam der Knabe an den Platz des Pfeils, den Jonatan geschossen hatte,
rief Jonatan hinter dem Knaben her, er sprach:
Ist hinwärts von dir der Pfeil nicht?
38 Weiter rief Jonatan hinter dem Knaben her:
Eil dich, flink, bleib nimmer stehn!
Der Knabe Jonatans las die Pfeile auf, er kam zu seinem Herrn.
39 Aber gar nichts wußte der Knabe, das Verabredete wußten nur Jonatan und Dawid.
40 Jonatan gab sein Waffenzeug dem Knaben, der mit ihm war, und sprach zu ihm:
Geh damit in die Stadt.
41 Erst als der Knabe fortkam, erhob sich Dawid vom Felsbrocken,
er fiel auf seine Stirn zur Erde, er verneigte sich dreimal.
Dann küßten sie einer den andern
und weinten einer über den andern,
bis es Dawid überkam.
42 Dann sprach Jonatan zu Dawid:
Geh in Frieden!
was wir beschwuren, beide wir,
bei SEINEM Namen,
sprechend: ER wird dasein, -
zwischen mir und dir,
zwischen meinem Samen und deinem Samen
gilts auf Weltzeit.

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