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In Deiner Hand sind meine Fristen
Abendandacht in der Antoniterkirche
am 30.12.2003

Brigitte Gensch
 

Begrüßung und Vorstellung

Votum:
Wir sind zusammen im Namen des Ewigen G"ttes
des Vaters, der alles in Seiner Hand hält
Jesu Christi, der so reichlich gibt
Geist G"ttes – wir leben frei.
Amen.

Ps 31, 16:
Meine Zeit steht in Deinen Händen

Wir beten:
Barmherziger G"tt,
alles hat Zeit und Ort in Deinen Händen,
Du gibst zur rechten Zeit
Wo Du bist, sind wir ganz und gar selig
So loben wir Dich die kurze Zeit unseres Lebens,
allezeit und allerorts, wohin Du uns führst.
Amen.

Lied 14 (Strophe lesen)
Musik

      Meine Zeit steht in Deinen Händen
              In Deiner Hand sind meine Fristen [Ps 31,16]

Auslegung

Liebe Gemeinde, liebe Besucherinnen und Besucher
Sie kennen gewiß auch die Wendung „Zwischen den Jahren“ für die Zeitspanne, in der wir uns gerade befinden, so zwischen Weihnachten und Neujahr. Merkwürdig, nicht wahr? „Zwischen den Jahren“, als ob sich der sekundenkleine Übergang vom Alten ins Neue Jahr, den wir am Silvesterabend eigens würdigen, zu einer tagelangen Zeit-Räumlichkeit aufgespannt und ausgedehnt hätte. Eine Zwischenzeit also, etwas haltlos und unbestimmt, unsere sonstigen Anspannungen lassen nach, vieles ruht. Konkret, nahe herantretend und also aufdringlich werden die Forderungen der Arbeit erst wieder nach dem Tag des Neujahrs. Dazwischen: ein wenig träge, ein wenig diffus und konturlos ist unsere Zeit und damit auch unser Lebensgefühl.
Da haben wir dann das, was uns sonst doch zumeist fehlt: wir haben Zeit.

„Meine Zeit steht in Deinen Händen“, betet der Beter unseres Psalms, König David ist es.
Hat er eigentlich Zeit? Eine kuriose Frage? Zumindest keine einfach zu beantwortende. Vielleicht kann man sie auch gar nicht von außen, als Außenstehende beantworten, denn: es reden hier zwei miteinander – ein Mensch, der auf G"tt traut und Ihm alles zutraut, wendet sich an G"tt in der festen Hoffnung, eine helfende Antwort zu bekommen, so wie schon oftmals zuvor, in Zeiten der Not und Qual.
Und der so betet, ihm ist die Antwort schon geworden mit dem Wort: „Meine Zeit in Deinen Händen.“ Denn es liegt eine unerschöpfliche Seligkeit und eine überschwängliche Aussicht auf Rettung darin.

„Meine Zeit“: alles hat seine Zeit, und auch ich habe die meine. Habe sie und habe sie doch nicht, denn sie steht nicht bei mir, sondern in G"ttes Händen.
G"tt spielt sie mir zu, überläßt sie mir zum guten Gebrauch. Ich muß gar keine Sorge um meine Zeit tragen, denn G"tt bestimmt sie. In Seiner Hand ist sie gehalten, hat Maß, Anfang und Ende. Wie selig bin ich da, daß G"tt mir meine Sorge abnimmt, was denn mit meiner Zeit sei. Und wie gerettet bin ich, ist Er es doch, der sie hält. Keiner kann sie dort erreichen, rauben und zerstören, auch der garstigste Feind G"ttes nicht, der Tod, es sei mein Tod oder der Tod der anderen Geschöpfe.
Deshalb auch ist die Rettung meiner Zeit in G"ttes Hand eine überschwängliche, denn sie reicht weiter und geht über den Tod hinaus. G"tt übergeht da den Tod.

„In Deiner Hand sind meine Fristen“: so hat Martin Buber diesen Versteil des 31. Psalms übersetzt. Er hat damit genau auf das hebräische Wort geachtet, das dort steht – „et“, d.h. je und je bestimmte Zeit, Gelegenheit, Bestimmung.
Genau besehen findet sich sogar ein Plural, also „Zeiten“, welchen Plural Buber so schön mit dem Wort „Fristen“ wiedergegeben hat.
Eine Frist ist eine Zeit, die ihren Anfang und ihr Ende, ihre jeweilige Bestimmung stets schon mit sich bringt. Fristen sind maßvoll, in sehr vieler Hinsicht. Etwas von situativer Gelegenheit, von der Richtigkeit des Augenblicks schwingt da mit. „Du gibst denen, die auf dich warten, ihre Nahrung zur rechten Zeit“, heißt es einmal in einem anderen Psalm (Ps 145). „Zur rechten Zeit“, auch dort finden wir das hebräische Wort „et“.
Und all das, meine Anfänge und meine Enden, all meine Bestimmungen, Gelegenheiten und erfüllten Augenblicke, meine Widerfahrnisse und Begegnungen, also alles, was ich selbst bin und wie ich das Aufgereihte lebe und erlebe, all das ist in G"ttes Hand, dort gehalten, dort gerettet, wenn ich auch hier und manchmal aus dem Netz der Zeitordnung „zwischen die Jahre“ und „zwischen die Zeiten“ falle.
Amen.

Lied 170 Komm HERR, segne uns

Vater Unser

Segen:
G"tt segne euch auf dem Weg, den ihr geht:
Ins Neue
zu sehen, was neu und unverbraucht ist;
geduldig zu sein, damit Neues Gestalt gewinnen kann.
G"tt segne euch das Neue Jahr,
das vor euch liegt:
Auf daß es das Alte nicht verwirft und auslöscht, vielmehr verwandelt.
G"tt segne eure Zeit und was ihr euch erhofft
euch zugute und der Welt zum Segen
So segne euch der allmächtige und barmherzige G"tt
Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.

 


erstellt am
30.12.2003

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