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"Laßt uns wallen zum
   H
ause des Herrn!
"
Und nun stehen unsere Füße
in deinen Toren,
Jerusalem!
 

Andacht in der Antoniterkirche
am 20. 10.2003

Brigitte Gensch

Begrüßung und Vorstellung
Wir sind zusammen im Namen G"ttes:
Unser Vater und unsere Mutter
Jesus Christus – wir sind Geschwister
Geist G"ttes – all Fehd´ hat nun ein Ende.
Amen.

Wir hören auf den Ps 122:
< vollständiger Psalm >
Ich freute mich, da sie zu mir sprachen:
„Laßt uns wallen zum Hause des Herrn!“
Und nun stehen unsere Füße in deinen Toren, Jerusalem!

Wir beten mit den Worten des Liedes Nr. 4 aus unserem Faltblatt
(EG 168, 1 u. 2)

Liebe Besucher und Besucherinnen,
Dieses Psalmwort ist dem Psalm 122 entnommen, der zusammen mit 14 anderen Psalmen zu den sog. Wallfahrtspsalmen gehört. Sich aufmachen, aufsteigen – wohin?
Nach Jerusalem, dahin, wo G"tt wohnt. Dreimal im Jahr hielt man es so, dreimal im Jahr zogen die Familien hinauf nach Jerusalem zum Tempel, um G"tt zu loben, Gaben zu bringen und sich vor G"ttes Angesicht zu freuen. Der Tempel ist zerstört, aber die Feste sind geblieben, auch außerhalb von Jerusalem.

Eines dieser drei Feste, die Juden in aller Welt feiern, ist gerade zuende gegangen. Vielleicht haben Sie davon schon einmal gehört, ich meine das Sukkoth-Fest, das siebentägige Fest der Laubhütten. Man feiert die eingebrachte Ernte und darin G"ttes Segen, so wie auch wir Christen das zu Erntedank tun. Man gedenkt aber auch der langen Wüstenzeit, als Israel in den Hütten hauste, nur G"ttes Schutz über sich, Wolke und Feuerschein vor und hinter sich.

Und um Ihnen einen kleinen Einblick und eine Anschauung dieses Festes zu geben, habe ich Ihnen ein Bild von Chagall mitgebracht; von 1924 datiert es, da war Chagall gerade nach Paris übergesiedelt. Leider nur schwarz-weiß ist die Kopie (Eine Farbkopie lag den Besuchern/innen aus Kostengründen leider nicht vor), und so müssen Sie sich den Farbton des Bildes vorstellen. Der ist nämlich sehr einheitlich in einem reich abgestuften Grün gehalten, mit viel Weiß gemischt, dort, wo Wände, Gebetsschal, Treppenstufen zu sehen sind, nach Schwarz gehend im Kaftan, in der Kippa, den Stufen, der Tür usf. Eindeutig grün sind der Pflanzenstab in der linken und die Zitrusfrucht in der rechten Hand des Rabbis. So als ob das Grün aus diesem Farbzentrum abstrahlte und das ganze Bild, die ganze Welt des Rabbis durchstrahlte. Am Sukkoth-Fest hat G"tt geboten, vier pflanzliche Dinge zusammenzunehmen: einmal die Zitrusfrucht, die herrlich aromatisch duftende, vom schönen Baum, der immer auch etwas vom Paradiesschein behalten hat.
Dann einen Palmzweig von der Dattelpalme, einen Zweig vom Myrthenbaum und die Bachweide. Alles zusammen ein schön anzusehender und angenehm zu riechender Bund von Segen-Gaben G"ttes. Unser Rabbi hält sie gebotstreu in seinen beiden Händen. Er wendet sich zur Tür, wartet auf Gäste, vielleicht.

Das Laubhüttenfest ist von allen Festen, die Israel feiert, dasjenige, zu dem alle Völker der Welt eingeladen sind.
An Sukkoth öffnet sich Israel den anderen Völkern und Nationen, sieben Tage lang. Die Siebenzahl übrigens steht für die 70 Nationen, biblisch gesehen die Zahl für die ganze Welt. Alle Welt soll sich an Israels Segen mitfreuen und daran mitteilhaben.
An Sukkoth besonders erinnert man sich der prophetischen Verheißungen etwa des Propheten Sacharja, der von einer Zukunft träumt, in der aus allen Völkern Menschen nach Jerusalem ziehen, um dort den König der Welt anzubeten.
Ein besonders liebenswertes Bild gebraucht Sacharja: er sieht fromme Männer aus den Völkern gelaufen kommen, die sich an den Rockzipfel eines Juden hängen und mit ihm zusammen nach Jerusalem hinaufsteigen.
Aber wir müssen uns schon mitanstrengen und unsere eigene Kraft und unseren Willen, hinaufzusteigen, miteinbringen, damit der Rock nicht reißt.
Und vielleicht hat der kleine Rabbi auf dem Kopf des Zitronenrabbis so seine schlechten Erfahrungen mit uns Nicht-Juden gemacht und dreht deshalb sich in die andere Richtung, von der Türe weg. Wer weiß es...

Für heute aber und weil Jerusalem so weit ist, ein Rat doch für eine Jerusalemreise hier in Kön: gehen Sie einmal auf den Heinrich-Böll-Platz und sehen Sie sich die Maaloth-Installation von Dani Karavan, dem israelischen Künstler, an. Er hat uns die Wallfahrtpsalmen und nicht nur sie als Turm gebaut und kunstvoll mit dem Rhein, dem Aufstieg der Treppen, dem schwarzen Dom und seiner Geschichte und mit anderer Geschichte mehr verbunden.
Da stehen dann auch unsere Füße mitten in Köln in den Toren Jerusalems.
Amen.

Ich freute mich, da sie zu mir sprachen:
„Laßt uns wallen zum Hause des Herrn!“
Und nun stehen unsere Füße in deinen Toren,
Jerusalem!

Vater Unser
Segen:
Segne, Vater uns
Segne uns mit der Weite des Himmels,
segne uns mit der Wärme der Sonne,
segne uns mit der Frische des Wassers.
Himmlischer Vater, segne uns!

Segne uns mit dem Rauschen der Wälder,
segne uns mit der Ernte der Felder,
segne uns mit der Kraft der Tiere,
himmlischer Vater, segne uns!

Segne uns mit den Träumen der Kinder,
segne uns mit der Liebe der Eltern,
segne uns mit den Geschichten der Alten,
himmlischer Vater, segne uns!


Psalm 122 [Buber / Rosenzweig
1
Ein Aufstiegsgesang Dawids.
Ich freute mich, als man zu mir sprach:
»Zu SEINEM Haus wollen wir gehn!«
2 Stehn geblieben sind unsre Füße
in deinen Toren, Jerusalem.
3 Jerusalem du, auferbaut
als eine Stadt, die in sich verfugt ist zusamt,
4 da hinauf dort die Stäbe ziehn,
die Volksstäbe oh Sein,
- Bezeugung an Jissrael ists,
SEINEM Namen zu danken.
5 Ja, dorthin sind Stühle gesetzt fürs Gericht,
Stühle für Dawids Haus.
6 Erwünschet den Frieden Jerusalems:
Die dich lieben, seien befriedet!
7 Friede sei in deiner Umwallung,
Zufriedenheit in deinen Palästen!
8 Um meiner Brüder, meiner Genossen willen
will ich Frieden doch erreden für dich,
9 um SEINES, unsres Gottes, Hauses willen
will ich um Gutes ansuchen für dich.
 

 


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